Gestern war Diwali, das indische Lichterfest und auch so ähnlich, wie ein indisches Sylvester. Ich hatte gar nicht daran gedacht, aber meine entzückenden indischen Nachbern, die seit kurzem nebenan wohnen, haben im Treppenhaus auf dem Boden ein sehr schönes kleines Kunstwerk geschaffen. Das sieht so nett aus, dass ich gleich geklingelt habe und gefragt habe, was das Fest denn bedeutet. Der Moment, indem sie die Tür öffneten, war anders als sonst. Denn ich konnte gleich sehen, wie wichtig dieses Fest für sie ist. Die Mutter und die Tochter waren in ganz fein gearbeiteten, hellgelben Festtagssaris gekleidet und der Vater auch in schöner Hose und schwarzem Hemd. Es ergab sich ein ganz spannendes Gespräch über die Feste, nicht nur Diwali, sondern auch Halloween und St. Martin, Bräuche, manche Gewohnheit und die Mondphasen. Diwali richtet sich ja nach dem Mondkalender. Und zum Ende des Gespräches haben sie mir ein Schüsselchen mit selbstgebackenen indischen Knabbereien (Köstlich!!!) geschenkt. Das hat mich sehr berührt und mich auch meine Freundin Pryia erinnert, denn vor den jetzigen Nachbarn hatte dort ebenfalls ein indische Familie gewohnt. Mit Pryia habe ich mich sehr gut angefreundet. Und wir haben uns auch regelmäßig ausgetauscht und uns Essen und Gebackenes vorbeigebracht.
Gewohnheit vs. Tradition vs. Ritual
Diese Gewohnheiten machen Spaß, tun gut und sollen sehr gerne weiter ein Bestandteil meines Lebens sein. Auch mit anderen Freund*Innen habe ich solche kleinen Rituale, die unsere jeweilige Verbindung zu etwas ganz besonderem machen. Im letzten Blog habe ich beschrieben (auch ein bisschen biologisch), wie Gewohnheiten entstehen, egal ob „gut“ oder „schlecht“. Ich bin jetzt nicht der Megafan von Traditionen, es sei denn sie haben einen immer wieder frischen Touch. Doch die ein oder andere gibt es auch bei mir. Traditionen und Rituale sind eine spezielle Form von Gewohnheiten und gehe z.T. ineinander über. Gewohnheit deswegen, weil man sie regelmäßig immer wieder begeht und doch besonders, weil man sie punktuell begeht und ihnen deshalb auch eine andere Aufmerksamkeit widmet. Für mich persönlich gibt es aber doch noch einen Unterschied. Ich finde Traditionen sind häufiger so, dass man sie mit macht, ohne unbedingt zu fragen, warum man sie macht. Rituale sind für mich besonders. Ich widme Ihnen nicht nur mehr Aufmerksamkeit, sondern nicht von mir werden sie mit einem ganz anderen Bewusstsein begangen als Gewohnheiten und Traditionen. Rituale sind etwas, das ich nicht nur einfach mache, sondern etwas, das mich, meinen Körper, meinen Geist und meine Seele nährt.
Einfach mehr von dem, was man möchte
Insofern sollte man nicht jede Gewohnheit verteufeln, sonder lieber beobachten, welche tun einen gut. Also wirklich gut, dass sie einen den wahren Wünschen näherbringend und nicht nur ein oberflächliches gut fühlen. Von denen, die einem nicht gut tun, kann man sukzessive distanzieren. Das ist manchmal schwierig, deshalb ist das ein guter Ansatz, sich nicht so sehr auf das zu konzentrieren, was man nicht mehr will, sondern das, was man lieber möchte, immer öfters einfach zu tun, so dass die alten Gewohnheiten sich fast wie von alleine verabschieden. Das kann man vergleichen mit denen Glas pappsüßer Limonade, das ganz voll ist. Dann trinkt man einen Schluck und der schmeckt irgendwie anders als sonst. Und man braucht das Glas gar nicht ausschütten, für viele wäre der Schritt zu groß. Aber man füllt den leergetrunkenen Anteil wieder auf, diesmal nicht mit Limo, sondern mit Wasser. Dann trink man wieder und füllt dann den leer gesunkenen Anteil wieder mit Wasser auf. D.h. die Limonade verdünnt sich immer mehr, bis keine mehr übrig ist. So konzentriert man sich auf das Neue (Wasser), macht davon immer mehr (auffüllen) und das Alte (Limonade) verdünnt sich immer mehr, bis sie gar nicht mehr da ist.
Die Verbindung macht’s
Das ist ein schönes Bild, wie der Vorgang eine Gewohnheit zu etablieren, leicht(er) gehen kann, indem man seine Energie auf des gewünschte richtet und dem Alten keine Aufmerksamkeit schenkt. Das heisst auch, dass man auch wenn man neue Gewohnheiten und Rituale in seinem Leben einbindet, manchmal noch ins alte Muster zurückfällt. Das ist nicht schlimm. Man sollte dann mit einem liebevollen Auge auf sich schauen, nicht mit sich hadern und mit dem Neuen fortfahren, bis es irgendwann seinen Platz eingenommen hat. Wenn man dann eine Gewohnheit in seinem Leben integriert hat, ergibt es vielleicht von alleine, bis aus manchen davon vielleicht anzeigen Traditionen oder sogar Rituale werden. Ein weiteres Merkmal von einem Ritual ist für mich auch, dass durch die Tiefe und die Bedeutung dazu dazu eine ganz andere innere Verbindung entsteht, als zu „normalen“ Gewohnheiten. Ich merke es z.B. an Halloween, das vergesse ich trotz Kürbisdeko jedes Jahr, weil ich dazu null innere Verbindung habe. Ich vermisse ein bisschen St. Martin. Damit bin ich aufgewachsen, dass nach einem gemeinsamen Umzug durch das Dorf (gut, in der Stadt eher schwierig umsetzbar) wir als Kinder mit selbstgebastelten Laternen auch in der Nachbarschaft geklingelt haben und gegen ein Lied dann Süßigkeiten bekommen hatten. Das ist heute durch Halloween ersetzt, aber weil ich eben dazu keine (emotionale) Verbindung habe, vergesse ich es immer. Zumal da, wo ich wohne sowieso fast nie jemand kommt.
Rauhnächte – ein Ritual zum Jahresende
Bei Ritualen ist das ganz anders, weil ich sie gezielt und bewußt mache. Manchmal nehme ich dafür woanders teil und andere begehe ich für mich. Meine regelmäßige Meditation morgens würde ich da schon auch einordnen. Was ich aber seit vielen mache, ist, die Rauhnächte zu begehen. Das ist eine besondere Zeit des Jahres oder vielmehr zwischen Weihnachten und Anfang Januar, in der man sich wunderbar auf vergangene Jahr und und auf das neue Jahr ausrichten kann. Die Zeit an sich ist schon ein Ritual, die mit kleinen „Unter“Ritualen und schönen Bräuchen verbunden ist. Und auch das kann man mit einen neuen Twist begehen. Dazu gehört auch ein Vorbereitung, die meist um den 21. Dezember, der Wintersonnenwende, herum stattfindet.
Ich selber werde wieder die Vorbereitung zu den Rauhnächten am 19. Dezember 2021 anbieten, mit einem ganz besonderen Part. Wenn du jetzt schon weißt, doch möchtest mitmachen, dann freue ich mich über einen Kommentar zum Artikel oder eine Email und ich trage dich schon mal ein.