Gewohnheit – hilfreich oder hartnäckig?

Gewohnheiten sind uns lieb und teuer. Sie bestimmen unseren Alltag und meistens bemerken wir sie noch nicht einmal. Dabei ist es erst einmal egal, ob sie nützlich sind oder nicht. Unser Lieblingstee am Morgen, mit dem wir uns gemütlich auf den Tag einstimmen…unser Sport oder die Meditation vor dem Frühstück…den Kindern eine Gute-Nacht-Geschichte vorlesen…alles davon ist eine Gewohnheit. Eine, die man eher bewusst gewählt hat. Andere sind einem weniger bewusst, z.B. dass man ganz automatisch den Haustürschlüssel oder die Post immer an dieselbe Stelle legt, damit man nicht lange suchen muss. Beim Duschen, Zähe putzen, Haare kämmen spulen wir ein Programm ab. Ca. 45 % – 50 % unserer alltäglichen Handlungen laufen nach solchen automatischen, meist unbewussten Handlungen ab. Und das ist auch ganz gut so, dann wenn wenn man sich bei jeder winzigsten Handlung ganz bewusst entscheiden müsste, wäre das, zumindest für den Ungeübten, ganz schön anstrengend. Und gleichzeitig ist es auch ein Schutz vom Gehirn, die Energie auf Nebensächlichkeiten zu verschwenden.

Machen, Belohnung, Gewohnheit

Dieser Autopilot namens Gewohnheit macht uns einerseits das Leben leichter, weil das Energie spart…und ja, das hat mit dem Gehirn auch zu tun, denn das Gehirn ist stinkfaul. Dazu kommt noch, dass es keinen Unterscheid macht zwischen „guten“ und „schlechten“ Gewohnheiten. Diese eingesparte Energie braucht das Gehirn, um einerseits in Stress- und vermeintlichen Gefahrensituationen blitzschnell zu entscheiden. Andererseits, um die Aufgaben Leben zu bewältigen mit planen, entwickeln und organisieren. Unser Gehirn ist als Baby und Kleinkind noch sehr offen, unser Denken werden von Anfang an durch Gewohnheiten gestaltet. Dabei hat unser engstes Umfeld auch maßgeblichen Anteil. Lernen ist der Startpunkt zum Entwicklen von Gewohnheiten und Routinen. Wenn ein Kleinkind zum ersten Mal etwas tut, z.B. Bauklötze stapelt, macht es das mit kompletten Aufmerksamkeit. Stück für Stück wächst der kleine Turm, der Präfrontale Cortex (jüngerer Gehirnteil hinter der Stirn, Logik, Bewusstsein und Emotionsregulation) ist aktiv. Wenn der Turm fertig ist, spürt das kleine Kind stolz, auch wenn es noch nicht benennen kann, dass es das ist. Vielleicht verstärken die Eltern noch dieses gute Gefühl durch Zuwendung und oder Belohnung, dann baut das Kleinkind den Turm nochmal und nochmal. Je öfters es das macht, desto weniger braucht es das volle Bewusstsein dafür. Das Stapeln läuft irgendwann automatisch und das Turmbauen ist Routine.

Automatismus und Glücksbotenstoffe

Mittlerweile sind die Informationen zum Turmbauen im Gehirn an eine bestimmten Stelle gespeichert (in Basalganglien), ein bisschen, wenn man im Computer Daten komprimiert. Dort kann die Information superschnell und automatisch abgegrufen werden, ohne dass man darüber nachdenken muss. Das schafft nicht nur die Kapazität für coole neue Dinge, wie mit dem Buntstift das Kritzeln entdecken für das Kleinkind oder im Falle von Erwachsenen tolle Sachen zu erfinden, Kreativen Tätigkeiten nachzugehen, usw. Sondern es nimmt einem auch den Zwang, sich ständig entscheiden zu müssen. Puh, wie erleichternd für das Gehirn. Diese Routine gibt in einer gewissen Weise sich Halt und somit fühlt man sich damit auf eine bestimmte Art und Weise sicher. Und man fühlt sich auch gut damit, weil das limbische System jedesmal, wen man (unbewusst) danach handelt, Glücksbotenstoffe zur Belohnung ausschüttet. Wie damals, als Mama oder Papa uns gelobt hatten, als wir den ersten Turm gebaut hatten. Dieses Gefühl ist so schön, dass man es immer wieder haben will. Dieses Prinzip greift bei jeder Art von Gewohnheiten, an dieser Stelle kenn unser Gehirn keine Unterschied zwischen förderlichen und nicht so förderlichen Routinen.

Die Krux liegt im Gefühl

Wenn es um eine hilfreiche Gewohnheit geht, ist das alles wunderbar, das darf gerne so bleiben. Die Krux liegt in den nicht hilfreichen Gewohnheiten. Die Schleife aus auslösendem Reiz (Bauklötzchen, Chips, Schokolade, <Einsetzen nach eigenem Ermessen> und Belohnung fühlt sich einfach gut an und es gibt im limbischen System (dort ist die Verbindung von der Handlung zu einem Gefühl) zunächst keine Notwendigkeit, etwa zu verändern. Da die Gewohnheit in der Tiefe auch mit einem Gefühl von Sicherheit verbunden ist, kommt noch etwas anderes zum Tragen. Das Sicherheitsempfinden ist mit einem von 2 Teilen des Parasympathikus-Nervs verbunden. Nur Gedanke an eine mögliche Veränderung bringt Stress ins Nervensystem, weil es unbekannt ist und möglicherweise eine Gefahr darstellt. Über einen anderen Nerv, den Sympathikus, springt das Alarmsystem im Reptiliengehirn an und kennt nur Kampf der Flucht. Bei Überforderung übernimmt wieder ein anderer Teil des Parasympathikus und lässt einen in innere Starre fallen (quasi totstellen). Da dies in den ältesten Gehirnteilen abläuft, hat alles andere keine Chance. Die Reihenfolge ist dann —> Sicherheit vor —> Emotionen vor —> Verstand. Der bleibt zunächst auf der Strecke.

4 S = 4 Schritte

Diese Mechanismen erklären , warum es einem so schwer fällt, ungünstige Gewohnheiten zu verändern. Die Schlüssel liegen im Gefühl. Das heisst, wenn sich nur vom Verstand her entschieden wird, eine Gewohnheit zu Verändern…keine Chance! Genauswenig, wenn rein kognitiv an sie Sache herangegangen wird. Dann dann versucht man, das aufsteigende Gefühl von Unsicherheit zu kaschieren….der Verstand versucht sich quasi einzureden, dass die Veränderung ja „halb so schlimm“ oder „ganz easy“ sei und es entsteht ein Widerspruch zwischen dem, was man sagt und was man fühlt. Und damit schadet man sich nur selbst. Die Schritte die nun nötig sind, sind:

1)Spüren —>wo und wie fühlt sich der Stress im Körper an?

2) Stille —> in die Stille gehen, Atmen und Anehmen, was ist

3)Sicherheit —>Sicherheit herstellen, trotz Vorhandensein der auslösenden Situation

4)Stiften —> dein neuen Zustand der Veränderung nähren

Übrigens, das funktioniert nicht nur bei Gewohnheiten, sondern auch ungünstigen Denkmustern 😉

Und: hilfreiche, förderliche Gewohnheiten dürfen natürlich gerne bleiben 🙂

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