Betrachte es doch mal von oben – was kann die Metaebene?

Es kommt in den besten Familien vor, unter Freunden, Kollegen, halt eben, wenn Menschen aufeinander treffen. Natürlich nicht immer, doch immer mal. Bei mir auch erst letze Woche. Es gibt Meinungverscheidenheiten, Zanks und Streits. Mal kann man relativ klar darüber sprechen und mal läuft es eher unterschwellig mit komischen Bemerkungen, Sticheleien usw. Schnell passiert es auch, dass man emotional ziemlich involviert ist, dann schaukelt es sich gerne hoch und man kommt gar nicht mehr da raus. Womöglich verselbständigt es sich und es geht dann nur noch ums Recht haben. Puh…ziemlich anstrengend….das mag eigentlich niemand und das braucht auch niemand. In so einer Stimmung ist EINE valide Option, die Situation zeitweise zu verlassen, um sie zu entschärfen und etwas Ruhe und Abstand hinein zu bringen. Womit ich auch schon beim heutigen Thema bin: die Vogelperspektive, bzw. in Coachsprech die Metaebene und wofür sie hilfreich ist.

Wenn das Reptiliengehirn aktiv ist

Wenn man sich über so eine Situation mit jemandem austauscht, kommt mit der Alltagssprache der der Rat „Nimm doch mal Abstand“, „Schlaf eine Nacht drüber“ oder „Betrachte das mal von oben“. Das passiert meist ganz unbewusst oder aus Gewohnheit, ist aber eine hervorragende Idee, um gut damit umzugehen. Bleibt man in der Unstimmigkeit oder dem Konflikt für den Moment stecken, räumlich und/oder emotional, schaukelt es sich gerne hoch und das Verständnis für den jeweils anderen nimmt ab, von gegenseitigem Mitgefühl und Empathie ganz zu schweigen. Es wird quasi ganz eng und das Reptilienhirn (aka ECHSI) ist voll aktiv. D.h. in diesem Zustand geht es ganz plakativ gesprochen nur noch um Kampf, Flucht, Tot stellen oder People Pleasing, also dem anderen durch sich Verbiegen gefallen wollen. Hier ist dann Streß im Nervensystem, die Wahrnehmung ist verengt und eine gelassene Verbindung auf Augenhöhe zum Anderen ist fast unmöglich. Der Fokus liegt nur auf dem Zank und Lösungsmöglichkeiten sind wahrscheinlich noch nicht in Sicht. Die Metaebene/Vogelperspektive ist dann eine Möglichkeit, wieder Ruhe ins System zu bringen.

Wie ein Vogel in die Metaebene

Du kannst dir das vorstellen dass Du wie ein Vogel nach oben schwebst. Erst nur gerade über die Köpfe, da nimmst Du schon ein kleines bisschen mehr wahr, bekommst Gedanken und Impulse, die Du aus deinem eigen Standpunkt heraus vielleicht nicht bekommen hättest. Dann schwebst Du noch ein Stück höher, so dass Du die Beteiligten erkennen kann kannst und es kommen auch mehr Aspekte in deine Wahrnehmung. Und wieder bekommst Du andere Gedanken und Impuls, die zu einer Lösung beitragen können. Je höher Du schwebst, desto mehr Zusammenhänge werden sichtbar. Und auch mögliche Ressourcen und Unterstützung, die zum Gelingen beitragen können. Wenn man etwas ruhiger geworden ist, ist die Metaebene, bzw. Vogelperspektive eine großartige Möglichkeit, um die Dinge anders zu sehen, um neue Erkenntnisse zu bekommen, um Zusammenhänge zu erkennen und auch, um ein Verständnis dafür zu bekommen, dass vielleicht nicht immer alles so ist wie es zuerst des Anschein hat. Und man kann ja auch der Grad selbst Steuer, wie hoch man quasi fliegen will. Nicht jede Situation erfordert die megahohe Totalperspektive aus dem Weltall. Manchmal reicht es einfach auch nur ein bisschen Abstand zu bekommen.

Vogelperspektive kann man üben

Es gibt viele tolle Möglichkeiten, das zu üben. Viele Meditationen nutzen das, ohne dass es gesagt wird. Aber es gibt auch eher pragmatische Übungen, wie z.B. „Die Wahrnehmungspositionen“ aus dem NLP. Da ist man nacheinander n verschiedenen Positionen in verschiedene Rollen, Schritt für Schritt in die Metaebene. Deshalb ist es hilfreich, jemanden dabei zu haben, der darauf achtet, dass man „nicht aus der Rolle fällt“ und das macht, worauf es gerade ankommt. Achte darauf, dass Du auf jeder Position innerlich in die „Rolle“ schlüpfst und darin bleibst. Nimmt jeweils wahr, welche Gefühle, Gedanken, Impulse und neue Ideen aus dieser Perspektive heraus entstehen. Für jede Rolle gehst Du an eine andere Stelle, nimmst also einen anderen Platz ein. Falls Du aus der Rolle fällst, tritt einen Schritt zur Seite, schüttle Dich kurz und gehe wieder auf den Platz. Das ist eine spannende Übung, die auch Spaß macht…und es geht einfacher mit einer Begleitung dabei. Die kann dann auch die Erkenntnisse aufschreiben, so dass Du ganz im Prozess bleiben kannst. Nimm dafür für den Anfang eine Situation, mit jemandem, mit dem Du nur eine kleine Meinungsverschiedenheit hast. Die Positionen (auch in der Reihenfolge auszuführen) sind:

  1. Ich – hier bist Du als Du selbst. Was nimmst Du wahr? Was denkst Du? Welche Gefühle kommen? Welche Impulse und Ideen kommen? Was ist da, was Du bisher noch nicht wahrgenommen hast?
  2. Du – hier bist Du als dein Gegenüber. Was nimmst Du als dein Gegenüber wahr? Was denkst Du als dein Gegenüber? Welche Gefühle kommen als dein Gegenüber? Welche Impulse und Ideen kommen als dein Gegenüber? Was ist da, was Du als dein Gegenüber bisher noch nicht wahrgenommen hast? Bekommst Du schon eine Idee, was man tun könnte, um die Situation zu klären?
  3. Beobachter – hier bist Du jemand, der euch beide beobachtet. Z.B. Ein Kollege im Büro, der Dich und Deine Kollegin beobachtet. Was nimmst Du als der Beobachter wahr? Was denkst Du als der Beobachter? Welche Gefühle kommen als der Beobachter? Welche Impulse und Ideen kommen als der Beobachter? Was ist da, was Du als der Beobachter bisher noch nicht wahrgenommen hast? Bekommt der Beobachter schon eine Idee, was die beiden tun könnten, um die Situation zu klären?
  4. Meta – hier bist Du jemand, der euch alle mit etwas Abstand beobachtet. Z.B. Ein Kollege, der euch alle im Besprechungsraum beobachtet im Büro, der Dich und Deine Kollegin beobachtet. Was nimmst Du als Meta wahr? Was denkst Du als Meta? Welche Gefühle kommen als Meta? Welche Impulse und Ideen kommen als Meta? Was ist da, was Du als Meta bisher noch nicht wahrgenommen hast? Bekommt Meta schon eine Idee, was alle tun könnten, um die Situation zu klären?
  5. Meta 2 – braucht bloß bei Bedarf angewendet werden. Hier beobachtet Du mit noch mehr Abstand. Etwa wie ein Adler, der über den Dingen schwebt und das Ganze sieh. Und auch als Adler gilt: Was nimmst Du als Adler wahr? Was denkst Du als Adler? Welche Gefühle kommen als Adler? Welche Impulse und Ideen kommen als Adler? Was ist da, was Du als Adler bisher noch nicht wahrgenommen hast? Bekommt Adle schon eine Idee, was alle tun könnten, um die Situation zu klären?

Ich wünsche Dir viel Spaß dabei, einen guten Flug als Adler in der Metaebene und viele hilfreiche Erkenntnisse.

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